Ein ganzes Gespräch führen, ohne ein hörbares Wort zu sprechen. Allen Menschen, egal ob gehörlos oder hörend, Teilhabe zu ermöglichen - das können die momentan rund 70 Student:innen des  Bachelor-Studiengangs Gebärdensprachdolmetschen. Eine von ihnen ist Lara. 

Mit stillen Worten

#Magdeburg
#Menschen
#Hochschulleben

Sie studiert bereits im dritten Semester und schwärmt von ihrem Studiengang. „Das Studium hat mir eine komplett neue Welt eröffnet”. Damit meint die Studentin die Welt der gehörlosen Menschen, die ihr, so wie sie selbst sagt, ohne das Studium verwehrt geblieben wäre. Denn bevor Lara anfing, an der Hochschule Magdeburg-Stendal Gebärdensprachdolmetschen zu studieren, hatte sie mit der Kultur der gehörlosen Menschen überhaupt nichts zu tun. „Ich habe zuerst Informatik studiert“, berichtet sie. Zu ihrem jetzigen Studium habe sie dann aufgrund mehrerer Empfehlungen von Freunden gefunden. 

Zwischen Sprache und Kultur 

Voller Freude darauf, mit tauber Kultur in Berührung zu kommen, ist Lara dann zum Wintersemester 2021 ins Studium gestartet und fühlt sich wohl in der „neuen Welt“, die ihr das Erlernen der deutsche Gebärdensprache ermöglicht hat. „Es gibt so vieles in dieser Kultur, von dem es sich lohnt, es zu entdecken“, findet Lara. Sportkurse für Gehörlose und spezielle Festivals sind nur ein kleiner Teil von ganz viel Neuem, was Lara seit ihrem Studium entdeckt hat. 

Um an  diesem Kulturleben teilzuhaben, sei schon etwas mehr Engagement nötig, als nur die Seminare an der Hochschule zu besuchen, weiß sie: „Man sollte sich mit tauben Menschen treffen, mit ihnen kommunizieren und offen sein für ihre Kultur“, so Lara. Die Grundlagen dafür erlernen Lara und ihre Kommilitonen in den „deaf studies“, die einen wichtigen Teil des Studiums ausmachen. Es gehe dabei darum, mehr über die kulturellen Besonderheiten in der Lebensrealität gehörloser Menschen kennenzulernen. „Hier werden unter anderem diverse psychosoziale, pädagogische und sprachlich-kulturelle Aspekte beleuchtet. Kenntnisse in diesem Bereich sind unerlässlich für einen sensitiven Umgang in Bezug auf die herausfordernde Situation einer Minderheit, insbesondere im Kontakt mit der hörenden Mehrheit“, erläutert Studiengangsleiter*in Okan Kubus. Es sei nahezu unmöglich zu dolmetschen, wenn man sich zuvor nicht mit der Kultur auseinandergesetzt habe. Nur so finde man einen optimalen Zugang zu einer Sprache, die so anders funktioniert, wie die, die Lara und die meisten anderen Menschen in ihrem Leben bisher gelernt haben. 

Visuelles Lernen

Das Besondere sei, dass Gebärdensprachen visuell-gestisch funktionieren. „Es passiert oft, dass Personen am Anfang denken, dass es sehr einfach ist, die Deutsche Gebärdensprache zu erlernen. Dies ist aber meist nicht der Fall, da sich die Personen erst an die Visualität der Gebärdensprache gewöhnen müssen. "Dies stellt sie vor eine besondere kognitive Herausforderung“, so Kubus. 

Man kommuniziert über Gestik und Mimik, über die sogenannten Gebärden. Das ist wohl der größte Unterschied, der die deutsche Gebärdensprache von den gesprochenen Sprachen trennt. Ob es dadurch leichter oder schwerer sei, die deutsche Gebärdensprache zu lernen, sei individuell. Lara jedoch hat zur deutschen Gebärdensprache schneller einen Zugang gefunden, als zu anderen Fremdsprachen, die sie bisher gelernt hat. „Ich denke, das liegt daran, dass viele Gebärden so ikonisch sind“, sagt sie. Das bedeutet, dass das Handzeichen der jeweiligen Gebärde stark an das Gemeinte angelehnt ist. 

Ein Hilfsmittel beim Erlernen der Sprache ist das Fingeralphabet. Dieses lernen die Studierenden direkt zu Beginn, sodass sie, wenn nötig, Wörter buchstabieren können. Denn die Kommunikation mit den Dozierenden findet fast ausschließlich auf deutscher Gebärdensprache statt. Buchstabiert werde allerdings nur bei Kommunikationsschwierigkeiten und um sich der Sprache anzunähern. Die Norm sollte jedoch sein, über die entsprechenden Gebärden, die es für alle Wörter gibt, zu kommunizieren. 

So gut, dass sie ein ganzes Gespräch zeitgleich dolmetschen kann, beherrscht Lara die Sprache allerdings noch nicht. Sie befindet sich jedoch auf gutem Weg dahin. In welchem Bereich sie später einmal arbeiten möchte, weiß Lara noch nicht genau. Das sei ihrer Meinung nach in diesem Fall aber auch gar nicht mal so schlimm, denn die Einsatzmöglichkeiten sind nahezu grenzenlos. 

News

Groß denken, denn das wird schon

Read now

Inklusion leben und lernen am Kompetenzzentrum Inklusive Bildung Sachsen-Anhalt (KIB)

Read now

Christoph Ackermann: „Ich lasse mich gern überraschen“

Read now