Ein Jahrzehnt deutsch-chinesischer Freundschaften

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Familie Reif, ein älteres Ehepaar aus Magdeburg, und junge chinesische Austauschstudentinnen – diese ungewöhnliche Konstellation bringt beiden Seiten schon seit elf Jahren viel Freude und internationale Verständigung.

Sie sind die „Magdeburger Großeltern“ für chinesische Studentinnen, die für ein paar Semester an der Hochschule Magdeburg-Stendal studieren: Bringfriede und Stephan Reif. Seit 2014 betreuen sie als Patenfamilie regelmäßig verschiedene junge Frauen aus Ningbo und Qingdao. Sie zeigen den Studentinnen so viel wie möglich von der Stadt und vom Umland, gehen zusammen ins Theater, ins Museum, fahren in den Harz, gehen chinesisch und deutsch essen. So auch mit der aktuellen Studentin QinYi Hu, die aus Ningbo kommt und an der Hochschule Language and Communication in Organizations studiert.

Die 20-jährige Studentin durfte Frau Reif dieses Jahr auch bei der Weihnachtsfeier vom „Dialog der Generationen“ begleiten, denn die beiden Rentner bringen den Studentinnen auch ein gutes Stückchen deutsche Kultur näher, besonders jetzt zur Weihnachtszeit. „Nicht zu vergessen unsere fast wöchentlichen privaten Zusammenkünfte, im Sommer im Garten, ansonsten bei uns zu Hause bei Kaffee und Kuchen, mit ‚Mensch Ärger dich nicht‘ und anderen Spielen“, erzählt das Ehepaar. Die Über-80-Jährigen setzen sich aktiv dafür ein, dass sich die Besucherinnen aus China hier in Deutschland und in Magdeburg wohlfühlen.

Doch nicht nur für die Studentinnen, sondern für beide Seiten gleichermaßen ist die Zusammenkunft von Jung und Alt, von Deutsch und Chinesisch ein Gewinn. „Bei meinen Problemen mit der Kommunikationstechnik habe ich immer große Unterstützung erhalten, auch bei meinen Bemühungen, die chinesische Sprache zu lernen. Im Gegenzug konnte ich ihre Deutscharbeiten stilistisch und grammatikalisch verbessern“, erzählt Bringfriede Reif. Probleme können gemeinsam besser bewältigt werden: „Obwohl die Gemeinsamkeiten mit unseren Studentinnen viel Abwechslung, große Freude, immer Fröhlichkeit und allerlei angenehme Überraschungen mit sich brachten und noch immer bringen, war es sehr oft nötig, dass wir uns bei schwierigen Problemen für sie einsetzen mussten“, berichtet Bringfriede Reif.

So unterstützte die Familie die Chinesinnen bei Arztsuchen, Schwierigkeiten mit Banken oder Unstimmigkeiten mit der Deutschen Bahn – ganz normaler deutscher Bürokratie-Dschungel eben. Persönliche Unterstützungen internationaler Studierender, wie die der Familie Reif, sind wichtig für deren Einleben in Deutschland. Das weiß auch die Hochschule. Für sie ist Internationalisierung ein großes Thema und ein gesetztes Ziel. Zehn Prozent der Studierenden kommen aus aller Welt in die Elbestadt oder die Altmark. Für deren Integration und die Förderung des Kulturaustauschs gibt es Angebote wie internationale Studiengänge, das Buddy-Programm und Zusammenarbeiten des International Office mit dem „Welcome-Service“ und der Ausländerbehörde der Stadt Magdeburg. „Einige internationale Studierende ziehen eine noch persönlichere Beziehung vor und möchten noch intensiver in die deutsche Kultur eintauchen. Da bietet sich das Leben mit einer Gastfamilie sehr an“, sagt Julia Krumm vom International Office. Die Freiwilligenagentur Magdeburg bietet solche Patenschaften an, in Zusammenarbeit mit dem „Dialog der Generationen“, einer ehrenamtlichen Arbeitsgruppe engagierter Senior:innen.

Darüber kam auch Familie Reif 2014 zur Hochschule. „Mich persönlich beeindruckt das wirklich sehr, wie die Familie Reif sich unermüdlich um die Studentinnen bemüht und mit welcher Freude und Herzblut sie dabei sind. Wir als Hochschule sind da super dankbar, dass sie den chinesischen Studentinnen eine zweite Heimat geben“, sagt Krumm. Neue engagierte Familien sind immer willkommen und gebraucht. „Da gibt es definitiv Bedarf. Und ich glaube, das ist wirklich für beide Seiten eine Bereicherung. Wie Familie Reif das auch sagt: Die Mädchen halten sie jung und sie lernen selbst so viel über die Kultur, reisen sogar noch mit über 80 Jahren nach China“. Dort hat Bringfriede Reif auf einer Rundreise letztes Jahr auch einige ihrer ehemaligen Schützlinge besucht.

Müde werden die Reifs von dem turbulenten Leben mit den Austauschstudentinnen nicht. Sie können so auch lange nach dem Auszug ihrer eigenen Kinder noch Kontakt mit jungen Menschen halten und bleiben vielleicht genau deswegen etwas länger jung. „Dieses abwechslungsreiche Leben hat uns so viele glückliche Stunden gebracht, dass wir trotz unseres Alters weiterhin chinesische Studentinnen betreuen möchten. Es ist unser Wunsch, dass die internationalen Studierenden auch zukünftig von Patenfamilien gut betreut werden und mit vielen positiven Erinnerungen an ihre Zeit in Magdeburg zurück in ihre Heimat reisen.“

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Text: Anna Ittner & Laura Nagy

Fotos: Laura Nagy

Veröffentlicht am 8.12.2025

 

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